Süddeutsche Erdgasleitung

BUND und NABU: Pressemitteilung 12.11.2021

Pressemeldung zur Süddeutschen Erdgasleitung, 12.11.2021

 


BUND und NABU kritisieren Pläne zum Bau einer Süddeutschen Erdgasleitung


Der Gasnetzbetreiber terranets bw plant eine neue Erdgasleitung von 250 km Länge, davon 62 km im Abschnitt von Mannheim über Heidelberg nach Hüffenhardt. Die Trasse von rund 34 m Arbeitsbreite und 2,2 m Arbeitstiefe soll bis 2026 fertig sein und ginge durch zahlreiche artenreiche Schutzgebiete und Weinberge.

 

Nach Einschätzung des NABU Heidelberg, BUND Heidelberg und BUND Dossenheim wäre sie in den betroffenen Gebieten nicht nur schädigend für Natur und Mensch, sie würde auch das baden-württembergische Ziel der Klimaneutralität 2040 torpedieren.

 

Der Erdgas- und Wasserstoffbedarf für die Energiewende werde mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich überschätzt.


Bedarf an Erdgas und Wasserstoff fragwürdig


Laut Aussage des Unternehmens soll gebaut werden, weil EnBW, Stadtwerke und weitere Kunden von terranets bw einen zusätzlichen Leistungsbedarf für Erdgas von 30% bis zum Jahr 2030 gemeldet haben. Einen hohen Anteil an diesem zusätzlichen Bedarf hat die Umstellung von Kohleheizkraftwerken auf Erdgas, da die Bundesregierung im Zuge des Kohleausstiegsgesetzes Prämien zahlt. Ferner werden in vielen Städten und Gemeinden von den Gasnetzbetreibern die Erdgasnetze weiter ausgebaut, da Einzelheizungen von Heizöl auf Erdgas umgestellt werden.

 

Der BUND kritisiert, dass die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz als klimafreundliche Alternativen zum Erdgas in den Planungen viel zu wenig berücksichtigt werden. Der breite Umstieg auf Erdgas würde dazu führen, dass wir unser Ziel der Klimaneutralität bis 2040 in Baden-Württemberg deutlich verfehlen – obwohl man doch nun ernst machen will.

 

Das Beispiel des Grosskraftwerks Mannheim, welches Strom und Fernwärme für die Rhein-Neckar Region erzeugt, belegt, dass es auch anders geht: ursprünglich wollte der Betreiber das Steinkohle-Heizkraftwerk auf Erdgas umrüsten.

 

Der BUND Heidelberg und das Umweltforum Mannheim beauftragten daraufhin eine Studie, die zeigt, wie die Fernwärme ohne Kohle, ohne Erdgas und sogar fast komplett ohne Wasserstoff bereitgestellt werden kann.


Wasserstoff für Privathaushalte nicht effizient


Laut den Plänen von terranets bw soll die Erdgasleitung ab dem Jahr 2035 nicht mehr für Erdgas, sondern für den Transport von Wasserstoff genutzt werden. „Die zukünftige Möglichkeit, Erdgas durch grünen Wasserstoff zu ersetzen, wird vielfach als Rechtfertigung für die Weiternutzung von Erdgas in großem Stil verwendet“, sagt Dr.-Ing. Amany von Oehsen vom BUND Heidelberg.

 

Die Herstellung und der Transport von Wasserstoff aus erneuerbarem Strom ist jedoch mit hohen Energieverlusten von rund 30-40% verbunden. Wasserstoff ist ein kostspieliger Energieträger, der mit einem „ökologischen Fußabdruck“ einhergeht.

 

Es gilt also: Wasserstoff so sparsam wie möglich zu nutzen. „Der Einsatz von Wasserstoff in einer Gasheizung in Gebäuden ist z.B. keine effiziente Anwendung und sollte vermieden werden.“, so von Oehsen. Mit einer elektrischen Wärmepumpe, die Wärme aus der Erde oder aus der Luft gewinnt, erzeugt man aus einer 1 kWh Strom 3-4 kWh Wärme. Nutzt man die 1 kWh Strom stattdessen, um Wasserstoff zu erzeugen, den man im Gaskessel verbrennt, so erhält man am Ende nur rund 0,6 kWh Wärme. Wärmepumpen sind 5- bis 7-mal effizienter als Wasserstoff, wenn es um die Wärmeerzeugung für Gebäude geht. So können Ressourcen und Kosten gespart werden.


Fehlinvestition und Kostenfalle


Für die Absicherung der Stromerzeugung, wenn Wind, Sonne und andere erneuerbare Energien nicht genug Strom produzieren, haben Erdgas und zukünftig grüner Wasserstoff für Spitzenlastkraftwerke ihre Berechtigung. Die Planungen zum Ausbau des Gasnetzes richten sich aber momentan kaum an der Frage aus, wo man zukünftig wieviel Gaskraftwerksleistung benötigt, um das Stromnetz stabil zu halten. So auch nicht die Planungen für die Süddeutsche Erdgasleitung.

 

Das ist nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch volkswirtschaftlich betrachtet eine heikle Situation und droht zur Kostenfalle zu werden. Dies kritisiert auch der renommierte Think Tank Agora Energiewende mit deutlichen Worten in seiner Stellungnahme zum Gasnetzentwicklungsplan.


Naturräume, Arten und fruchtbare Böden dauerhaft beschädigt


Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Notwendigkeit des Baus der Süddeutschen Erdgasleitung zum jetzigen Zeitpunkt für den Klimaschutz und die Energiewende nicht erwiesen ist. Gleichzeitig würden durch den Bau die Natur und landwirtschaftliche Flächen belastet.

 

So soll z.B. nach dem vorliegenden Plan die Gasleitung ein Stück weit am dicht bewachsenen Rombach Richtung Ladenburg entlangführen, wo sich seit 2017 Biber wieder angesiedelt haben. Der Eingriff würde das Biberhabitat massiv stören. Im weiteren Verlauf zum Schwabenheimer Hof würde die Leitung durch Streuobstwiesen und Steinkauzhabitate und sehr dicht an der dortigen Bebauung vorbeiführen. Fruchtbare Ackerböden im Kirchheimer Feld und die sensiblen Weinberg-Biotope in Rohrbach würden durch den Eingriff geschädigt.


Zudem könnte die Erdgas-Trasse das Naturschutzgebiet und europäische Vogelschutzgebiet Steinbruch Leimen tangieren. Der Muschelkalksteinbruch mit Stollensystem ist Lebensraum verschiedener, seltener und vom Aussterben bedrohter Arten. Insgesamt 688 Arten, davon 62 der Roten Listen Baden-Württembergs leben in dem Schutzgebiet.

 

Auch das Landschaftsschutzgebiet Bergstraße-Mitte, das FFH-Gebiet Steinachtal und Kleiner Odenwald und der Naturpark Neckartal-Odenwald sind betroffen. Im Schutzgebiet sind Änderungen verboten, welche die Landschaft verunstalten oder die Natur schädigen. Das FFH-Gebiet ist von europäischer Bedeutung. Die natürlichen Lebensraumtypen mit ihrer Biodiversität müssen erhalten werden. Das Projekt würde fruchtbare Böden der Landwirtschaft, unbewirtschaftete Naturflächen sowie Flora und Fauna entlang großer Flächen zerstören, da ein Arbeitsstreifen von 34 Meter Breite benötigt und verdichtet würde.

 

Nach Abschluss des Baus müsste ein Streifen von 12 Meter Breite dauerhaft von Bäumen freigehalten werden. Über die geplante Länge von 250 km würde sich diese frei zu haltende Fläche auf 3 Millionen m2 summieren.


Einbuße an Lebensqualität


Auch die menschliche Gesundheit wäre tangiert. Der UNESCO-Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, durch den die Trasse laufen soll, ist mit seinem Weinwanderweg ein beliebtes fußläufig erreichbares Naherholungsgebiet für Alt und Jung im Heidelberger Süden. Hier sind die Menschen aufgrund der geografischen Lage der Stadtteile, darunter Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf, von der Zunahme sommerlicher Hitze und Emissionen stark betroffen. Jeder Verlust an kühlendem Grün und Biodiversität ist auch gesundheitsrelevant.

 

Mit den Weinbergen, Natur und Landschaft würde die damit verbundene Aufenthalts- und Lebensqualität des Ortes für Menschen bleibend zerstört, auch wenn die Trasse später nicht mehr zu sehen wäre.


Gasleitung auf den Prüfstand - nicht durch wertvolle Naturräume bauen


In der Summe addieren sich bisher nicht offengelegte ökonomische, ökologische und soziale Risiken des Vorhabens. „Diese Trasse darf nicht durch unsere wertvollen Naturräume gebaut werden“, sagt Lena Deißer, Agraringenieurin und Sprecherin des NABU Heidelberg.

 

Deshalb fordern NABU und BUND von der Landesregierung den Bedarf für den Leitungsneubau gründlich auf den Prüfstand zu stellen. Erst wenn ein tatsächlicher Bedarf einer Leitung für eine effiziente und kostengünstige Energiewende nachgewiesen wird, darf ein Bau erfolgen. Dieser sollte dann mit der Bestandsleitung entlang der Autobahn gebündelt werden.

 

Kontakte:

 

Dr.-Ing. Amany von Oehsen, bund.heidelberg@bund.net
Lena Deißer, agr. Ing., Sprecherin NABU-Heidelberg, lenadeisser@gmail.com
Cornelia Wiethaler, Leiterin AK-Umweltpolitik NABU-Heidelberg, cornelia@wiethaler.net, 0174-3058688

 

 

  • Der Stadtteilverein Rohrbach, Obst- und Gartenbauverein Rohrbach, Punker, NABU und BUND luden ein zur Kundgebung zur geplanten Süddeutschen Erdgasleitung.
    Donnerstag, 18. November um 18.30 Uhr am Bürgerhaus Emmertsgrund.
    Veranstalter: Stadtteilverein Rohrbach

Film über die Demo mit dem NABU Heidelberg

Pressemitteilung SEL
BUND und NABU
2021-11-12 Pressemeldung SEL BUND NABU.p
Adobe Acrobat Dokument 765.5 KB

 

 

 

Letzte Änderung: 20.11.2021 (MP)

Mauersegler gefunden

NABU-Büro Heidelberg

Montag 16:00 - 18.00 Uhr
Dienstag 9.00 - 11.00 Uhr und
Freitag 9.00 - 11.00 Uhr

 

Tel.:  06221/ 73 606 71 (AB)

info@nabu-heidelberg.de

Bei Notfällen: Artenschutz-Fachberater Thomas Hartmann Tel.  06226-78 40 85

ICh will helfen

Sehen Sie unseren aktuellen Bedarf...

Schutz des neckars

Zum Aktionsbündnis Unterer Neckar...

ich bin dabei

Mitglied werden

für Meinen NABU HD