Der Hirschackerwald liegt im Norden Schwetzingens und gehört zum Nationalen Naturerbe (NNE). Geologischer Untergrund ist größtenteils Flugsand. Die Binnendünen und Flugsandfelder der Rheinebene sind nach der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 bis 11.000 Jahren entstanden. Es ist schwer vorstellbar, aber in der damals steppenartigen Landschaft wurde der Sand kilometerweit verweht und hat bis zu 21 Meter hohe Dünen aufgetürmt!
Über Jahrhunderte hinweg wurde der Hirschackerwald vielfältig und intensiv genutzt: zur Holzentnahme, durch Waldweide und Streunutzung sowie ab 1937 zu militärischen Übungszwecken.
Der Hirschackerwald ist Bundeseigentum. In den 1980er Jahren nahm das Bundesforstamt großflächige Kiefern-Aufforstungen auf offenen Sandrasenstandorten vor.
Wehende Absperrbänder, Stapel von Kiefernholz, eine große Erntemaschine im Einsatz – all das erwartet man eigentlich nicht in einem Naturschutzgebiet. Im Norden des Hirschackerwalds bot sich Besuchern im Winter 2014 aber genau dieses Bild.
Unter der Leitung von Katrin Fritzsch, NABU-Koordinatorin des Projekts Lebensader Oberrhein, fällt der NABU Baden-Württemberg Bäume. Sie führt aus:
„Das sieht erst einmal wirklich wüst aus. Aber nur, wenn wir jetzt Lücken im Wald schaffen und offene Sandflächen miteinander vernetzen, können wir unser langfristiges Ziel erreichen: den
hier beheimateten bedrohten Tier- und Pflanzenarten einzigartige Lebensräume zurückzugeben.“
Was Sandstrohblume, Sandlaufkäfer, Heidelerche und viele weitere spezialisierte Arten zum Überleben brauchen, sind Sandrasen, weite Heideflächen und lichtdurchflutete Wälder mit alten Bäumen.
Heute sind im Land nur noch fünf Prozent der Sandrasen von vor 100 Jahren übrig. Das macht klar, wie dringend diese Arbeiten sind. Der Wegfall der Sandrasen spiegelt sich direkt in den Beständen bedrohter Tierarten wider. Noch vor wenigen Jahren haben bei Schwetzingen Heidelerchen gebrütet, jetzt nicht mehr. Das will der NABU ändern.
„Die höchsten Dünen Süddeutschlands kommen in der Kurpfalz vor. Schwetzingen hat eine besondere Verantwortung für den Schutz unzähliger Tier- und Pflanzenarten, die auf diese fast wüstenartigen Sanddünen angewiesen sind.“
Um die Lücken zu schaffen, die die noch vorhandenen offenen Sandflächen wieder miteinander verbinden, fanden im Winter 2014 Waldarbeiten im Zeichen des Naturschutzes statt. Der NABU arbeitete dabei eng mit dem Bundesforst zusammen. Auf acht Teilflächen entfernten rund zehn Arbeiter Kiefern-Stangenholz.
Entgegen der ursprünglichen Planung 2014 sollen Stubben und Wurzelwerk jetzt im Boden verbleiben. Der Hirschackerwald wurde während des Zweiten Weltkriegs für kurze Zeit als Übungsplatz für Panzer genutzt. Auch gab es an vielen Stellen in Schwetzingen und Umgebung Bombenabwürfe, auch um den nahe dem Hirschackerwald gelegenen Rangierbahnhof zu zerstören. Theoretisch könnten heute noch Blindgänger im Sandboden liegen.
Der NABU geht davon aus, dass sich die wertvolle Sandrasennatur vielfach auch ohne das Entfernen des Wurzelwerks einstellen wird. Seit Anfang März sind die Flächen geräumt.
Letzte Aktualisierung: 03.06.2015 (MP)