Der Habicht: Vogel des Jahres 2015

Ein Pendler zwischen den Welten

Von Maike Petersen

Einen Habicht zu beobachten ist schon sehr kniffelig und verlangt viel Geduld. Es sei denn, man verbringt sowieso sehr viel Zeit im Wald. Oder man geht einfach zur richtigen Zeit in den richtigen Straßen Hamburgs shoppen. Habichte siedeln in beiden Lebensräumen. Gute Stadtreviere sind störungsfreier sowie reich an Nahrung und entsprechend umkämpft. Aber auch unter Stadthabichten gibt es Pendler, Unschlüssige und Umentscheider.

Wissenswertes kurz und knapp

  • Lateinischer Name: Accipiter gentilis = „der edle Zugreifende“; deutscher Name vermutlich von „Hab‘ ich!“.
  • Aussehen: Altvögel: Oberseite graubraun bis schiefergrau, Unterseite hell, dunkel gebändert (gesperbert), langer Schwanz mit vier dunklen Querbinden, heller Überaugenstreif, orange bis rote Augen, lange gelbe Beine. Jungvögel bis zum zweiten Lebensjahr deutlich abweichend mit graubraunem Gefieder und rotbraunem Tropfenmuster auf der Brust sowie gelben Augen („Rothabicht“).
  • Weibchen um ein Drittel größer als Männchen und doppelt so schwer: max. 62 cm, 1400 g, Flügelspannweite max. 125 cm.
  • Lebenslange Paarbildung, außerhalb der Brutzeit Einzelgänger.
  • Reviertreu, Horst bis 130 cm Durchmesser, oft mehrere wechselnd bewohnt.
  • Brutzeit Mai bis Juni, 2–4 blassgrüne Eier, Brutdauer 27–39 Tage, Nestlingsdauer 40–45 Tage.
  • Jungvögel verlassen nach 2–3 Monaten das Revier.
Habicht. Foto Copyright NABU: M. Varesvuo
Foto Copyright NABU: M. Varesvuo


  • Nahrung: mittelgroße Vögel wie Stare, Straßen- und Ringeltauben, Krähen, Elstern und Eichelhäher, Ratten, Kaninchen, junge Hasen und Eichhörnchen. Große Beutetiere werden im Flug mit den Krallen getötet.
  • Ruft bei Störungen „kja-kja-kja“, ansonsten sehr leise.
  • Natürliche Feinde: Mensch, Kolkrabe, Krähen, Uhu.
  • Verbreitung: breites Band über Europa, nördliches Asien, Nordamerika; in Deutschland Standvogel.
  • Vor 50 Jahren in Baden-Württemberg mit knapp 100 Brutpaaren fast ausgerottet. Heute sind die Bestände mit 1200-1600 Paaren stabil.
  • Für Deutschland schätzt man 11 500–16 500 Brutpaare mit Schwerpunkten im Nordwestdeutschen Tiefland und in den Mittelgebirgen; leicht rückläufig.
  • In Europa siedeln 70 Prozent der Habichtpaare östlich der derzeitigen EU-Grenze (europäischer Teil Russlands). Fehlt in Irland.
  • Ganzjährig streng geschützt, nicht mehr auf der Roten Liste (Ausnahme noch Bayern).

Beobachtung und Lebensräume

Der Habicht besiedelt zwei grundverschiedene Habitate. Er liebt waldreiche Lebensräume, vielfältige Kulturlandschaften und größere Parks. Wichtig sind ihm Gebüsche und Hecken, die Sichtschutz bieten. Denn der Habicht ist ein Überraschungsangreifer, der von einem versteckten Ansitz möglichst lange in Deckung bleibend die Beute anfliegt. Dabei ist er auch zu einem längeren, eher bodennahem Verfolgungsflug fähig. Seine ausgeprägte Flugmuskulatur macht ihn zu einem flotten Schnellstarter, die relativ kurzen Flügel und der lange Steuerschwanz verhelfen ihm zu Wendemanövern auf engstem Raum. Tatsächlich hat man aber nur während dieser kurzen Jagdflüge die größten Chancen, den Habicht im Gelände zu sehen. Ausnahmsweise auch während der Balzzeit von spätestens Januar bis Ende Februar. Hierbei stellt das Männchen seine wattebauschähnlichen Unterschwanzdecken auffällig zur Schau.

  • Ein kreisender Beutegreif in offenem Gelände ist wahrscheinlich kein Habicht, sondern der geringfügig kleinere Mäusebussard, von dem es auch helle Varianten gibt, der aber als Segler eine größere Flügelspannweite und einen kürzeren Schwanz besitzt.
  • Auch rasante Sturzflüge oder gar ein Rüttelflug liegen dem Habicht nicht.
  • Der Habicht kann mit einem Sperber verwechselt werden, der in den gleichen Lebensräumen sogar doppelt so häufig vorkommen kann. Der Sperber ist aber zierlicher mit deutlich dünneren Beinen, eher braun gesperbert und hat keinen so ausgeprägten hellen Überaugenstreif.
Habicht. Foto Copyright NABU, R. Rössner
Foto Copyright NABU, R. Rössner

Überraschenderweise kann man seit den 1980er Jahren eher Glück haben, in Städten wie Berlin, Hamburg, Kiel, Köln und Dresden Habichte zu beobachten. Und hier nicht nur in den Stadtwäldern, größeren Parkanlagen, Friedhöfen und begrünten Innenhöfen, sondern auch im Citybereich. Berlin hat mit 100 Brutpaaren im Jahr 2014 sogar die höchste Siedlungsdichte von Habichten weltweit. Die Vögel verhalten sich hier wesentlich stressresistenter und auch nicht sonderlich menschenscheu. In Hamburg jagen sie auf stark belebten Einkaufsstraßen. Sie haben gelernt, dass ihnen in der Stadt nicht nachgestellt wird und das Angebot an Tauben und Ratten ist ganzjährig hoch. Jungvögel verenden aber häufig durch Kollision an unmarkierten Glasflächen.

Habicht. Foto: W. Lorenz

In der Natur reagiert der Habicht sehr empfindlich auf menschliche Störungen, vor allem in der Nähe seines Horstes. Habichte sind standorttreu und besiedeln in ihrem Revier mehrere „Wechselhorste“. Im Heidelberger Raum konnte man von 2008–2013 im Kreuzgrund zwei abwechselnd benutzte Habichthorste mit 200 Metern Abstand voneinander finden, die Habichte wurden aber vermutlich durch die umfangreichen Forstarbeiten 2012/13 vertrieben. Am Bergfriedhof wird er öfters gesichtet.

Der Mensch verdrängt den Habicht aber nicht nur aus seinen natürlichen Lebensräumen, ihm wird auch immer noch massiv illegal nachgestellt. Denn an einem Teil seiner Beutetiere haben auch Menschen ein Interesse. 90 Prozent seiner Nahrung machen mittelgroße Vögel von Staren- bis Krähengröße aus. Vor allem die größeren Weibchen erlegen kräftigere Beute. Konflikte mit dem Menschen treten daher auf bei Haus- und Brieftauben, Hühnern, Hasen und ausgesetzten Fasanen. Auch ist das Aushorsten für die Falknerei noch nicht grundlegend verboten.

  • An Nahrung mangelt es dem Habicht weder auf dem Land, noch in der Stadt. Er ist bedroht, weil er noch immer vom Menschen illegal und ohne nachhaltige Konsequenzen verfolgt wird (Jagd und Gift) und weil seine Brutreviere nicht ausreichend geschützt werden (Forstwirtschaft und Falknerei).
  • Neben dem Mäusebussard ist der Habicht die am meisten verfolgte Greifvogelart – mit zunehmender Tendenz.

NABU und LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) fordern

  • Straftaten müssen effektiv aufgeklärt und angemessen geahndet werden. Eine Stabsstelle zur Bekämpfung von Umweltkriminalität wie in Nordrhein-Westfalen soll in jedem Bundesland eingerichtet werden.
  • Ausnahmegenehmigungen für Abschuss oder Fang dürfen nicht mehr erteilt werden.
  • Benutzung und Verkauf von Habichtfangkörben müssen verboten werden.
  • „Aushorsten“ von Jungtieren für die Falknerei darf nicht mehr zugelassen werden.
  • Ausreichende Horstschutzzonen mit einer zeitlichen Beschränkung für den Holzeinschlag müssen etabliert werden.

Greifvogelverfolgung 2015 – Die bisherige Bilanz nach nur drei Monaten

  • 27 Fälle illegaler Greifvogelverfolgung mit insgesamt 40 toten Tieren
  • Alle Taten wurden aus der Bevölkerung gemeldet und nachverfolgt
  • Meldungen aus insgesamt neun Bundesländern
  • Traurige Hochburgen der Greifvogelverfolgung sind Nordrhein-Westfalen (8), Niedersachen (7) und Schleswig-Holstein (3 Fälle).

In vielen Bundesländern liegt die Aufklärungsquote bis heute beinahe bei null. Am häufigsten werden Vögel vergiftet oder mit Fallen gefangen. Auch das Fällen von Horstbäumen oder Abschüssen wurden beobachtet. Betroffen sind vor allem Habicht, Mäusebussarde, Sperber und Turmfalken. Auch Seeadler waren aufgrund von Horstbaum-Fällungen unter den Opfern, kamen allerdings in den gemeldeten Fällen nicht ums Leben.

Quelle: NABU, Naturschutz heute, Heft 2.15

Das können Sie tun

  • Bringen Sie verletzte oder kranke Vögel zum nächsten Tierarzt.
  • Zeigen Sie Störungen und Vernichtungen von Bruten oder Nestern bei den Naturschutzbehörden an, informieren Sie die Polizei.
  • Melden Sie gefundene Fallen, vergiftete oder angeschossene Vögel unter 030-284984-1555 (bundesweite Meldeaktion von NABU und LBV, werktags von 9 bis 18 Uhr und an Wochenenden sowie Feiertagen von 15 bis 18 Uhr).
  • Melden Sie gesichtete Horste den zuständigen Forst- und Grünflächenämtern und dem Heidelberger NABU. Es ist wichtig, Schutzmaßnahmen im Horstbereich zu treffen.
  • Leben in Ihrer Stadt Habichte, machen Sie verspiegelte Flächen und Scheiben durch Bemusterung sichtbar.

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte direkt an den NABU Heidelberg. Bei uns können Sie auch eine umfangreiche Broschüre zum Habicht bestellen oder unten direkt downloaden. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme unter: Tel. 06221/60 07 05 oder Mail info(at)nabu-heidelberg.de. Weitere Infos finden Sie auch beim NABU-Bundesverband.

NABU-Broschüre zum Habicht
nabu_vdj2015_brosch.pdf
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Letzte Aktualisierung: 29.04.2015 (MP)

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