Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung rnz.de vom 25.10.19 - mit Genehmigung der Autorin
Exkursion führte zum Neckardamm, wo großflächige Rodungen geplant sind - Fünfte Querung nicht mit EU-Recht vereinbar
Von Sabine Hebbelmann
Heidelberg/Mannheim. Auf die in Resten erhaltene Auenlandschaft zwischen Heidelberg und Mannheim aufmerksam zu machen und sie zu schützen - das ist das Ziel des "Aktionsbündnis Unterer Neckar",
das jetzt zu einer Exkursion in das Natur- und Landschaftsschutzgebiet eingeladen hatte. Wie Sprecherin Regine Buyer am Wieblinger Wehrsteg erläuterte, blieb dank des Seitenkanals ein Teil des
Unteren Neckars von Uferbefestigung und Schifffahrt verschont.
Es gehe um den Erhalt des Lebensraums für Biber, streng geschützte Fledermäuse, Vogelarten wie den Eisvogel und über 40 teils seltene Fischarten, aber auch darum, "in welcher Natur und Umgebung
wir leben wollen". Karl-Friedrich Raqué, Biologe und ehrenamtlicher Naturschutzwart, betonte die Bedeutung der natürlichen Flussdynamik, die hier noch zu beobachten sei und die eine große
Strukturvielfalt hervorbringe.
Unter europäischem Flora-Fauna-Habitat-Schutz stünden sechs Fischarten und die sieben Fledermausarten. Mehr als hundert Vogelarten diene das Gebiet als Brut- und Überwinterungsgebiet.
Vom Steg aus war – neben Graureihern und zahlreichen Kormoranen – auch ein Flussuferläufer zu beobachten. Auf die Frage nach möglichen Auswirkungen der umstrittenen fünften Neckarquerung
antwortete er, diese würde ausgerechnet die breiteste Stelle der Aue, die als Flug- und Landebahn genutzt werde, durchschneiden und könne zu einer Verdrängung führen.
Für FFH-Gebiete gelte jedoch das Verschlechterungsverbot. Heißt: Baumaßnahmen seien nur in dringenden Fällen möglich, wenn es keine Alternative gibt, und auch dann sei mit langwierigen
Rechtsverfahren mit einer Dauer von 15 bis 20 Jahren zu rechnen.
Beim Wörthfelder Weg in Seckenheim berichtete der Vorsitzende der Nabu-Gruppe Mannheim, Paul Hennze, über Schutzbemühungen im Teilgebiet Altneckarschleife/ Neckarplatten. Als eine Kiesbank, die
als Badestrand und zum Feiern diente, bei einem Hochwasserereignis weggespült wurde, verlagerten sich die Freizeitaktivitäten zum Ärger der Naturschützer in das geschützte Gebiet. Seine Idee
könnte nun für Entspannung sorgen: Er hat beim Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim angeregt, eine neue Kiesbank für die Badegäste aufzuschütten. Für dieses Projekt sucht er nun finanzielle
Unterstützung.
Ebenfalls für die Nabu-Gruppe Mannheim berichtete Gunther Mair über eine vom Wasser- und Schifffahrtsamt Heidelberg geplante Rodung eines Abschnitts der Dämme des Neckarkanals. Von der
Fußgängerbrücke bei der Neckarschleuse Feudenheim aus konnte man einen Teil des betroffenen Uferbereichs überblicken, der sich bis Ladenburg zieht.
Nach Angaben Mairs sind rund zehn Hektar und 400 Großbäume betroffen. Die Größe dieses Eingriffs sei im Vergleich zu den geplanten Rodungsmaßnahmen am Rheindamm in der öffentlichen Wahrnehmung
noch nicht angekommen. Außerdem handle es sich, anders als am Rhein, nicht um eine Hochwasserschutzmaßnahme, vielmehr soll der Wasserweg erhalten werden. Der Damm stamme aus den 30er-Jahren,
später wurden Spundwände eingezogen.
Nach dem überarbeiteten "Merkblatt zur Standsicherheit von Dämmen an Bundeswasserstraßen" seien Großbäume und flächendeckendes Gebüsch nicht mehr zulässig. Dahinter steht die Befürchtung, dass
entlang der Wurzeln von Bäumen oder Büschen Wasser durchsickern könnte oder dass von einem Sturm entwurzelte Bäume Lücken in den Damm reißen könnten. Außerdem müssen die Dämme regelmäßig auf
Sickerstellen und Tierbauten abgesucht werden, da würde dichtes Gebüsch stören.
Demgegenüber machte Gunther Mair deutlich, dass die genannten Maßnahmen nur unterhalb der Sickerlinie nötig seien. Da das Wasser im Kanal stets den gleichen Wasserstand habe und das obere Drittel
des Dammes trocken bleibe, sollten die Gehölze in diesem Bereich erhalten bleiben können.
Entsprechend fordert er eine Einzelfallbetrachtung, die dies berücksichtige. Außerdem müssten die dennoch erforderlichen Rodungen durch Ersatzpflanzungen ausgeglichen werden.
Paul Hennze betonte die Bedeutung der uferbegleitenden, artenreichen Strukturen und des durchgehenden Biotopverbundes inmitten der dichten Bebauung. Davon hingen rund zwanzig Vogelarten ab. Zu
den ansässigen Vögeln, die auf Gebüsch als Lebensraum angewiesen sind, zählte er auch die Nachtigall.
Letzte Aktualisierung: 10.11.2019 (MP)