13 Linden und der Ausbau der Dossenheimer Landstraße

Stellungnahme/Pressemitteilung des NABU Heidelberg e. V. zur Entscheidung gegen den Baumerhalt und Einspurigkeit an der Dossenheimer Landstraße

Foto: Horst Wenzel
Foto: Horst Wenzel

Heidelberg, den 25.07.2025 Am 24. Juli 2025 hat der Gemeinderat gegen die Einspurigkeit und den Erhalt der 13 Linden an der Haltestelle Burgstraße gestimmt. Sieben Linden sollen umgepflanzt werden. Sechs werden gefällt.

 

Als NABU Heidelberg e.V. müssen wir feststellen:

Diese Entscheidung war weder ökologisch noch verkehrspolitisch sinnvoll – und sie war vermeidbar.


Ausgerechnet an diesem Tag fielen gleich drei internationale Ereignisse in der Klimapolitik zusammen, die hätten ALLE zum Umdenken bewegen müssen: Erstens, der Erdüberlastungstag verdeutlichte einmal mehr, dass wir dieses Jahr schon alle Ressourcen verbraucht haben, die unser Planet in einem Jahr regenerieren kann. Letztes Jahr lag dieser Tag am 2. August. Zweitens, der BUND Deutschland warnte, dass der weltweite CO₂-Ausstoß erstmals dauerhaft höher liegt als die Aufnahmefähigkeit von Ozeanen und Wälder. Drittens, der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag veröffentlichte ein historisches Gutachten, das das Recht auf eine gesunde Umwelt als Menschenrecht anerkennt und Regierungen verpflichtet, sofortige Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. In diesem Kontext wirkt die Entscheidung in Heidelberg wie aus der Zeit gefallen.

Fehlende Abwägung ökologischer Folgen

Die immer wieder genannten verkehrlichen Argumente für eine zweite Aufstellspur von nicht einmal 100 Metern sind nicht durch belastbare Daten oder Simulationen belegt. Die genannten Rückstaurisiken für den ÖPNV beruhen auf Schätzungen, wissenschaftlich überprüfbare Verkehrsmodelle fehlen. Die Befürchtung, der Autoverkehr könnte ins Stocken geraten, wurde nicht in Relation gesetzt zu den nachweisbaren ökologischen und klimatischen Funktionen von über 40 Jahre alten Bäumen.


Hätte man wirklich den ÖPNV priorisieren wollen, hätte man die Einspurigkeit zwischen Hans-Thoma-Platz und Burgstraße vermeiden und dort durchgängig zwei getrennte Spuren für Tram und Autoverkehr einplanen müssen. Die jetzige Planung nötigt Tram und Autos, wie in der Brückenstraße, sich eine Spur zu teilen – ein konzeptioneller Fehler, der nun mit Baumentfernungen an der Haltestelle Burgstraße nur minimal „kompensiert“ wird.


Dabei gab es alternative Lösungen zur bestehenden Planfeststellung: etwa die von Stadtrat Michael Pfeifer (GAL) vorgeschlagene intelligente Ampelschaltung am Hans-Thoma-Platz, bei der Autos zurückgehalten werden, bis die Tram passiert hat.


Ein Lösungsansatz, der befürchtete Rückstaus verhindern könnte – ganz ohne Baumverlust.

Klimaresiliente Stadtentwicklung ist kommunale Verantwortung

Die Entscheidung gegen den Baumerhalt ist ein politischer Offenbarungseid. Alle Fraktionen – mit Ausnahme von HiB/Volt, GAL und BL/Die Linke – haben versäumt, den Mut für eine ökologisch tragfähige Lösung aufzubringen. Gerade von den Grünen, die normalerweise für eine klima- und naturschutzorientierte Stadtentwicklung stehen, hätte die Bevölkerung mehr Weitsicht verdient. Dass sie am Tag des Erdüberlastungstags und dem Gutachten des IGH gegen alten Baumbestand stimmen, ist enttäuschend – und ein fatales Zeichen für die Öffentlichkeit.


Die 13 Linden an der Haltestelle Burgstraße – ebenso wie die sechs weiteren Bäume im Wendebereich – stehen sinnbildlich für die notwendige ökologische Wende im Städtebau. Statt diese Potenziale zu erkennen, wurde auf veraltete Planfeststellungen verwiesen und eine baurechtlich angeblich „unumgängliche“ Lösung durchgesetzt.
Doch Nachbesserungsverfahren wären noch möglich gewesen – und wären kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung gewesen. 


Dass sich selbst SPD und Grüne davon abgewendet haben, ist bedauerlich. Der politische Wille fehlte – stattdessen dominierten wie auch bei den mehr konservativen Fraktionen Angst vor (nicht belegten) Rückstaus, rechtlichen Einwänden und das eigene Ego. Offenbar wollte man vermeiden, zuzugeben, dass die bisherige Planung unzulänglich war.

Uns rinnt die Zeit durch die Hände

Mehr als 20 Leserbriefe seit der SEBA-Sitzung, Einwände von direkt betroffenen Anwohnern, Appelle und Stellungnahmen von Naturschutzverbänden und vom Radentscheid Heidelberg als auch der Gesang des „Burgenstraßenlindenliedes“ KlimaProtestChors vor der Gemeinderatsitzung hätten zumindest ein Überdenken nahegelegt. Doch sie wurden übergangen. Am Ende bleibt ein bitterer Eindruck: Es war kein Diskurs auf Augenhöhe, sondern eine völlig anachronistische Machtentscheidung gegen die Natur.


Wenn diese Bäume erst gefallen sind, wird keine Lärmschutzwand, kein Begrünungsversuch, keine Ersatzpflanzungen in den kommenden Jahrzehnten ihre klimatische Wirkung vor Ort ersetzen können. Und dann ist es zu spät.


Fazit: die nun geplanten Ausgleichsmaßnahmen – Baumpflanzungen anderswo, „Entsiegelung“ und Begrünung am Hans-Thoma-Platz – sind begrüßenswert, hätten aber unabhängig davon längst erfolgen müssen. Es bleibt der Eindruck, dass an einem Fehler festgehalten wurde, statt gemeinsam mutig neue Wege zu gehen.


Vorstand NABU Heidelberg e.V.

 

 

 

 

 

 

Letzte Aktualisierung: 04.08.2025 MP